Das Thema Rating bzw. Scoring betrifft irgendwann jeden von uns, aber nur die wenigsten wissen, was das ist – und das ist schade. Ob Ihr ein florierendes Unternehmen habt oder als Privatperson Geld für eine Investition aufnehmen wollt, sobald Ihr zur Bank geht, werdet Ihr einem Rating / Scoring unterworfen. Wusstest Ihr eigentlich, dass der Begriff Rating für Unternehmen und der Begriff Scoring für Privatpersonen genutzt wird?
„Der Begriff `Rating-System` umfasst alle Methoden, Prozesse, Kontrollen, Datenerhebungen und IT-Systeme, die zur Bestimmung von Kreditrisiken, zur Zuweisung interner Ratings und zur Quantifizierung von Ausfall- und Verlustschätzungen dienen.“[1]
Diese Definition gilt eigentlich nur für unternehmensinterne Ratings, ist aber auf externe Ratingverfahren entsprechend anzuwenden. Ein Rating verfolgt vor allem das Ziel, das Risiko eines eventuellen Kreditausfalles einzugrenzen. Die Methoden zur Bestimmung dieses Risikos variieren von Bank zu Bank. Um Kreditrisiken besser bestimmen zu können ist ein System gefordert, welches die Unternehmenssituation möglichst vielseitig hinterfragt. Das Unternehmen wird in einem Rating grundsätzlich von mehreren Seiten beleuchtet.
Hier eine ganz klare Antwort: JA. Bevor überhaupt eine Unternehmensbewertung stattfindet, prüfen die meisten Banken sogenannte K.O. Kriterien, die bei einem positiven Befund zu einem Ausschluss von dem weiteren Ratingverfahren fuhren können. Diese K.O. Kriterien sollen vor allem das bisher nicht berücksichtigte Zusammenwirken verschiedener Faktoren abdecken. Zwar wird bei den qualitativen Faktoren versucht potenzielle, künftige Probleme aufzuspüren, allerdings wird ein eventuelles Zusammenspiel verschiedener aufeinandertreffender Probleme nicht berücksichtigt, obwohl diese Kombination in einer wirtschaftlichen Katastrophe enden kann. Auch vorab abgefragte Warnsignale können ausschlaggebend für eine automatisch erfolgende Abstufung des Ratingergebnisses sein.
Durch die sogenannten K.O.-Kriterien wird sichergestellt, dass es nicht zu einer wirtschaftlichen Katastrophe kommt, sofern der Unternehmer eines oder mehrere dieser Kriterien erfüllt. Typische K.O.-Kriterien der Banken sind zum Beispiel:
Aber daneben können auch eigene negative Erfahrungen zu einem K.O.-Kriterium werden. Bis hierhin alles verneint? Dann habt Ihr Glück und der nächste Schritt geht zu den sogenannten Warnhinweisen. Wenn nicht, bekommt Ihr jetzt schon eine Absage seitens der Bank…
Liegt so ein Kriterium vor, wird das Unternehmen/der Unternehmer gar nicht mehr weiter geratet, sondern schon vorab als nicht kreditwürdig abgelehnt. Neben den K.O.-Kriterien gibt es auch Warnhinweise, die dazu fuhren können, dass das Unternehmen sich in dem Rating um eine festgelegte Anzahl an Stufen verschlechtert und es dadurch bedingt in einen höheren Zinssatz eingestuft wird. Warnhinweise lassen sich nicht unbedingt von den K.O.-Kriterien trennen, da die Signale von Bank zu Bank unterschiedlich bewertet werden. So kann, wie eben schon erwähnt, eine unvereinbarte, lange Überziehungszeit bei der einen Bank zum Ausschluss und bei der anderen Bank zu einer Abstufung führen. Daneben sind typische Warnhinweise:
„Nach der Datenerfassung […] reichert eine Bank die gewonnenen Daten i.d.R. mit weiteren Informationen an, um eine möglichst objektive und marktneutrale Bewertung des Unternehmens gewährleisten zu können.“[3]
Das zweite Basler Konsultationspapier fordert ausdrücklich eine Berücksichtigung der langfristigen Zukunftsperspektiven eines Unternehmens. Aufgrund dieser Forderung begründet sich die Notwendigkeit zur Einschätzung langfristiger volkswirtschaftlicher Trends und ihrer Auswirkung auf die Veränderung der Erfolgsaussichten des Unternehmens. Durch einen stetigen Wechsel der Rahmenbedingungen müssen sich Unternehmen zwangsläufig anpassen. Gelingt dieses nicht, wird es dem Unternehmen umso schwerer fallen, sich auf dem Markt weiterhin zu halten. Ein Branchenrating stellt eine zielorientierte Analyse der für die Branche relevanten Daten dar. Berücksichtigt werden hierbei vor allem die wirtschaftliche Situation und langfristige Wachstumspotenziale der Branche sowie welche Rentabilitätserwartungen aufgrund der Marktcharakteristika angestellt werden können. Auch wird ein Ausblick auf die für ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauenden Wettbewerbsvorteile ermöglicht.
Sprich, es fließen die Ratingergebnisse vieler einzelner Ratings in einem zusammen. Hierdurch erhält man dann Durchschnittswerte und kann sich dadurch auch als branchenfremde Person einen Überblick über die Lage verschaffen. Indem man die Werte des einzelnen Unternehmens mit dem Branchenrating vergleicht, kann man nun einschätzen wo man steht.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass viele Unternehmer gerne ihr Unternehmen mit anderen vergleichen, oft auch unabhängig von einer aktuellen Finanzierungsanfrage. Als Steuerberaterin mit Datev-Anbindung, kann ich dies auch meinen Mandanten im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Beratung ermöglichen, siehe auch Branchenvergleich über Datev.
Bei einer Bilanzanalyse wird die Bilanz und die dazugehörende Gewinn- und Verlustrechnung nicht nur wirtschaftlich ausgewertet, sondern auch kritisch beurteilt. Mithilfe dieser Auswertung werden für eine Entscheidung über die Beurteilung der Kreditwürdigkeit wesentliche Informationen gewonnen. Um eine Aussage über erhaltene Kennzahlen treffen zu können, müssen die Daten mit anderen Daten verglichen werden. Vergleichsdaten können beispielsweise aus einem Vorjahr stammen. Daneben gibt es die Möglichkeit, einen Objektvergleich bzw. einen Branchenvergleich anzustellen. Diese verschiedenen Methoden ermöglichen auch Betriebsfremden, relevante Kennzahlen des zu beurteilenden Unternehmens richtig einzuschätzen. Durch eine Bilanzanalyse verfolgt man unterschiedliche Ziele. Zum einen wird eine Informationsverdichtung zum Verdeutlichen von Zusammenhängen, die nicht offensichtlich aus den Zahlen des Unternehmens hervorgehen, angestrebt. Zum anderen dient die Bilanzanalyse der Wahrheitsfindung. Der Jahresabschluss ist zwar sowohl handels- als auch steuerrechtlich richtig, entspricht jedoch keineswegs der betrieblichen Realität. Stille Reserven, denen weder im Handelsrecht noch im Steuerrecht Rechnung getragen wird, verfälschen ebenso wie Scheingewinne das betriebliche Ergebnis. Ein weiteres Ziel stellt die Urteilsbildung dar. Erst durch eine entsprechende Analyse ist es möglich, einen Betrieb entsprechend zu beurteilen.
Es gibt verschiedene Arten und Weisen, eine Bilanzanalyse vorzunehmen, für ein Ratingverfahren kommt jedoch nur die materielle Bilanzanalyse in Frage. Unter einer materiellen Bilanzanalyse versteht man die inhaltliche Analyse von Informationen aus dem Jahresabschluss. Sie kann in zwei Bereiche geteilt werden. Einerseits die für Ratingverfahren irrelevante Substanzanalyse und andererseits die Kennzahlenanalyse, welche für ein Rating bedeutsam ist. Der Jahresabschluss ist in der vorliegenden Form nur bedingt für eine betriebliche Auswertung geeignet. Folglich muss dieser zunächst über eine Bilanzbereinigung aufbereitet werden. Für die Bereinigung werden zusammenpassende Posten auf der Aktivseite saldiert, die aktiven Rechnungsabgrenzungsposten den kurzfristigen Forderungen und die passiven Rechnungsabgrenzungsposten den kurzfristigen Verbindlichkeiten zugerechnet. Sonderposten mit Rücklagenanteil stellen zu 50% Eigenkapital (EK) dar, Pensionsrückstellungen werden vollständig zum Eigenkapital gerechnet. Ein evtl. ausgeschütteter Gewinn wird wie kurzfristiges Fremdkapital behandelt. Der thesaurierte, d.h. im Unternehmen verbleibende Gewinn, stellt EK dar. Anschließend werden die Daten aufbereitet, indem die einzelnen Bilanzpositionen zusammengefasst und gruppiert werden. Hier folgt man den allgemein gültigen Regeln: Die Aktivseite wird nach Liquidität, die Passivseite nach Herkunft und Fristigkeit geordnet.
„Nach Aufbereitung der Zahlen können nun die „[…] Kennzahlen gebildet werden, die die wirtschaftliche Lage möglichst realitätsnah abbilden und für eine Einschätzung der künftigen Entwicklung des Unternehmens herangezogen werden können[…]“[4]
Grundsätzlich ist zwischen den absoluten und den relativen Kennzahlen zu differenzieren. Absolute Kennzahlen sind Größen wie zum Beispiel der Jahresüberschuss, der Kassenbestand oder ein durchschnittlicher Lagerbestand. Sie sind schnell abzulesen, haben jedoch wirtschaftlich betrachtet keine allzu große Aussagekraft. Aussagekräftiger werden diese erst, wenn sie mit einer anderen absoluten Kennzahl in Verbindung gebracht werden. Relative Kennzahlen werden auch als Verhältniszahlen bezeichnet. Wie dieser Begriff schon vermuten lässt, werden verschiedene absolute Kennzahlen mit einem sachlichen Zusammenhang zueinander in Beziehung gesetzt, um das oben genannte Defizit zu umgehen. Aufgrund der Fülle an verschiedenen Kennzahlen verzichte ich an dieser Stelle auf eine entsprechende Auflistung.
Die quantitativen Faktoren stellen lediglich ein Abbild der Vergangenheit dar und lassen nur einen begrenzten Prognosezeitraum von ein bis zwei Jahren zu. Weil die meisten Jahresabschlusse verspätet eingereicht werden, reicht dieser Zeitraum jedoch für eine zutreffende Prognose nicht aus. Das liegt vor allem daran, dass mit fortschreitender Zeit die Aussagekraft des Jahresabschlusses schrumpft. Für eine weiterreichende Prognose über einen möglichen Unternehmenserfolg oder Misserfolg ist eine fundierte Unternehmensanalyse unabdingbar. Die Unternehmensanalyse zeigt den IST-Zustand („Status quo“) eines Unternehmens, um anschließend die Zukunftschancen beurteilen zu können. Die Unternehmensanalyse ist ein Instrument, um Krisen möglichst früh erkennen und interne bestandsgefährdende Risikofaktoren aufspüren zu können. Sie zeigt die Faktoren, die zukünftige Ertrage und Risiken stark beeinflussen und ist somit auch für ein Ratingverfahren geeignet, um das Risiko einer Kreditvergabe realitätsnah einschätzen zu können. Es bestehen die unterschiedlichsten Konzepte, um eine Unternehmensanalyse durchzuführen. In einem Rating wird sie mithilfe der Daten aus den sogenannten qualitativen Faktoren vorgenommen. Hier fließen dann zum Beispiel Fragen zu Themen wie Organisation, Marktorientierung, Mitarbeiterführung, Planung etc. ein. Nach Durchführung der Unternehmensanalyse sind sämtliche Teilbereiche eines Ratingverfahrens gewürdigt worden und müssen anschließend zu einem Gesamtergebnis verdichtet werden.
Eine Bewertung erfolgt in einem mehrstufigen System, entweder an Schulnoten angelehnt oder nach einem der Systeme von den großen Ratingagenturen wie z.B. von Aaa bis C bei Standard & Poor´s oder Moody´s. Unabhängig, nach welchem System das Ergebnis bewertet wird, drückt jede Stufe die mathematisch statistische Ausfallwahrscheinlichkeit eines beantragten Kredites aus. Sprich, die Auswirkungen dieser ganzen Bewertung spürt Ihr letzten Endes anhand der Höhe der Zinsen, der Höhe des notwendigen Eigenkapitals und die zu stellenden Sicherheiten.
Wusstet Ihr eigentlich, dass Ihr Euch auch von Eurem Berater zum Banktermin begleiten lassen könnt? Aber davon mal ganz unabhängig, habt Ihr nun gesehen, wieso und warum eine gute Vorbereitung auf so ein wichtiges Ereignis wie dem Rating so extrem wichtig ist. Schreibt mir doch einfach mal, welche Erfahrungen Ihr gesammelt habt und wie es euch anschließend mit Eurer Kreditaufnahme ergangen ist.
PS.: Dieser Artikel basiert auf meiner Diplomarbeit „Entwicklung eines Ratingverfahrens für das fleischverarbeitende Gewerbe“
[1] Rahmenvereinbarung Juni 2004 des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, deutsche Sprachfassung in der Übersetzung der deutschen Bundesbank Teil 2, Säule III., H.3., Ziff. 394
[2] Haufe (2003) 184 zitiert bei Varnholt (2007) 211
[3] Gleisner/Fuser (2003) 58
[4] Baetge, Kirsch, Thiele (2004) 147
Steuerberatung Daniela Kunschke
Diplom Betriebswirtin
Daniela Kunschke
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